Ganz einfach: Weil sie schon reich sind.
Das ist eine inhärente Eigenschaft multiplikativer Wachstumsprozesse und läuft ganz automatisch ab.
Diese Eigenschaft führt zu einer wachsend ungleichen Vermögensverteilung. Funktionierende Gesellschaften korrigierten diese asymmetrische Entwicklung stets mit kooperativen Maßnahmen:
Vermögensteuer, Erbschaftssteuer, Schuldenerlass, Erlassjahr.
Diese automatische Tendenz zur Ungleichheit lässt sich an einem einfachen Simulationsspiel auf der Basis einer Tabellenkalkulation mit Google-Sheets demonstrieren:
50 Spieler spielen 100 Runden, jeder Spieler beginnt in Runde 0 mit dem gleichen Vermögen 1. In jeder folgenden Runde werden alle Vermögen berechnet durch die Formel: neuesVermögen = altesVermögen * Zufallsmultiplikator;
also eine Vereinfachung der ökonomischen Erfahrungen jedes Einzelnen, ganz ohne schlaue Finanztricks oder perfide kapitalistische Strategien.
Zufallsmultiplikator ist hier einfach eine normalverteilte Zufallsvariable mit Mittelwert = 1.05 (prinzipiell positives Wachstum) und Standardabweichung = 0.2 (kleine Schwankungen).
Ein Histogram zeigt die Vermögensverteilung nach der letzten Runde: Wie viele Spieler befinden sich in der Klasse mit den kleinsten Vermögen (linkester Balken), im Vergleich zur Klasse mit den höchsten Vermögen (rechtester Balken)? Meist finden wir sehr viele Spieler in der Klasse mit den kleinsten Vermögen und sehr wenige in der Klasse mit den größten Vermögen.
Der Kurvenverlauf zeigt die Vermögensentwicklung ganz oben für das größte Vermögen, dann den Mittelwert und den Median über alle Vermögen und schließlich ganz unten für das kleinste Vermögen.
Mittelwert und Median gaukeln uns vor, dass alle gewinnen können. In Wirklichkeit verzerren wenige hohe Vermögen die Durchschnittsbildung. Das erklärt auch, wieso es trotz steigendem Bruttosozialprodukt den meisten Menschen schlechter geht.
Mathematisch gesprochen sind multiplikative Wachstumsprozesse nicht ergodisch; der Mittelwert über die Vermögen vieler Spieler zu einem Zeitpunkt ist ungleich mit und damit irrelevant für den zu erwartenden Mittelwert über die Zeitreihe des Vermögens eines einzelnen Spielers.
Siehe dazu: Ergodicity Economics, Ole Peters, Alex Adamou, 2018
Hier der Link zur gesamten Simulation Tabellenkalkulation mit GoogleSheets:
https://docs.google.com/spreadsheets/d/1Ns2IvF2f4eZNd8gSctB6PKArSS7thfd1IVJl6FZSu6M/edit?usp=sharing
Interessant ist, dass durch Kooperation in der Form regelmäßigen Umverteilens nicht nur die Ärmeren, sondern auch die wenigen Glücklichen ihr Vermögen weiter steigern könnten. Ein schönes Beispiel dazu:
https://www.farmersfable.org/